Rede anlässlich der Gaza-Friedensdemonstration vom 23.08.14 in Bern

Liebe Friedensbewegte, liebe Betroffene

Ich rede zu euch als Vertreter der GSoA, wo ich Sekretär bin und als Vertreter der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Israel und Palästina jvjp, wo ich Mitglied bin. Beide Organisationen sind humanistisch und universalistisch. Der Grundsatz gilt: alle Menschen sind gleich, alle Völker sind gleichberechtigt. So ist ein palästinensisches Menschenleben nicht weniger wert als ein israelisches Menschenleben, auch nicht weniger wert als ein Menschenleben in Aleppo.
Darum hat das palästinensisch-arabische  Volk das gleiche Recht auf einen unabhängigen Staat wie das israelisch-jüdische Volk, damit beide Völker in Frieden, Sicherheit und Freiheit leben können. Dieses Recht wird den PalästinenserInnen aber Tag für Tag genommen. Mit der  verheerenden militärischen Aggression von Seiten Israels sind tausende Menschen gestorben, sie sind Opfer von Waffengewalt geworden.

Die israelische Kriegsregierung gibt dabei vor im Namen aller jüdischen Menschen weltweit zu handeln. Doch wir sagen „Nicht in unserem Namen, nicht in irgendeinem Namen“ darf der Krieg gegen die PalästinenserInnen, die Besatzung Palästinas und die Diskriminierung der palästinensischen BürgerInnen in Israel weiter geführt werden. Ich stehe hier, wie tausende andere Menschen mit jüdischen Wurzeln, die weltweit und in Israel hin stehen, überzeugt davon, dass die Besatzung des Westjordanlands, die Blockade des Gazas und die Bombardements ein Verbrechen sind. Als Friedensaktivist, der sich in der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee gegen Militarismus und für Frieden weltweit sowie für die Menschenrechte  und das Völkerrecht einsetzt und als jüdischer Mensch bin ich tief betroffen von dieser abscheulichen Gewalt, die von beiden Seiten genährt wird, Unsicherheit und Angst auf beiden Seiten schafft und darüber hinaus die Gewaltbereitschaft stärkt.
Ich frage euch: Wohin soll das führen, wenn jede weitere Gewalt die gewaltbereiten Kräfte auf beiden Seiten stärkt, die Dialogbereiten schwächt und  einen gerechten Frieden in die Ferne rücken lässt?! Es ist dieser Konflikt, die Antwort auf diese Frage, die mich in die Friedensbewegung gebracht haben, mich politisiert und davon überzeugt haben, dass Gewalt nur weitere Gewalt hervor bringt. Seit der Nakba also der Vertreibung der PalästinenserInnen dauert der Konflikt schon bald 70 Jahre an.  Seine Wurzeln liegen insbesondere im europäischen Antisemitismus und im europäischen Kolonialismus. Heute sind alle Menschen im Nahen Osten in die Konfliktsituation hinein geboren worden, haben Ängste, Bedürfnisse und Rechte. Diese gilt es ernst zu nehmen und für diese einzutreten.

Extremistische Kräfte auf beiden Seiten stellen  die jeweils andere Seite als die Inkarnation des Bösen dar. Rassismus, Islamophobie oder Antisemitismus sind jedoch menschenverachtend, dumm und sie verhindern jegliche humane und gerechte  Lösung. Die Menschen, die wie wir alle einen gerechten Frieden wollen, stellen sich die Frage, wie die Gewalt beendet, die Waffen beiseite gelegt und gegenseitiger Hass und Misstrauen überwindet werden können. Solange die Menschen in Israel und in Palästina Angst voreinander haben, begründete Angst voreinander haben, solange werden beide Seiten auf militärische Mittel setzen und es wird kein Ende der Gewalt geben. Erst wenn die Regierung in Israel innenpolitisch nicht mehr von Raketen auf zivile Ziele profitiert und erst wenn in Palästina die Aussicht auf einen unabhängigen, palästinensischen Staat in allen 1967 besetzten Gebieten mit Ostjerusalem als Hauptstadt und einem Leben in Würde real werden, erst dann wenn für beide Seiten Schritte in Richtung eines friedlichen Lebens in Würde und Sicherheit vor Aggressionen sinnvoller erscheinen als die Anwendung von Gewalt. Erst dann besteht die Chance den Teufelskreis zu durchbrechen und wird ein gerechter Frieden entstehen können. Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit. Wir hier in der Schweiz können unseren Beitrag für das Ende der Blockade Gazas, der Besatzung und für einen gerechten Frieden  leisten. Insbesondere indem wir die Friedensbewegungen auf beiden Seiten stärken und für die Einhaltung des Völkerrechts einsetzen. Dies tun wir indem wir uns aktiv für den Dialog zwischen Palästinensern und Israelis stark machen und die Menschen vor Ort unterstützen, die sich für ein Ende der Blockade und der Besatzung und für die Sicherheitsbedürfnisse und Rechte aller einsetzen. Andererseits müssen wir den politischen Druck auf die Schweizer Politik erhöhen die militärische Zusammenarbeit mit Israel und alle Rüstungsgeschäfte mit dem Nahen Osten stoppen. Im Klartext bedeutet das auch: keine Drohnen aus Israel! Denn mit dem Drohnenkauf stärkt die Schweiz jene Kräfte, die Lösungen blockieren oder gar an der Eskalation profitieren. Sie  handeln gegen das Interesse der Schweizer Aussenpolitik, die sich ebenso wie die Friedensinitiative der arabischen Liga für eine gerechte Zweistaatenlösung mit einem unabhängigen, lebensfähigen palästinensischen Staat in den 1967 besetzten Gebieten  stark macht.

Liebe Anwesende
Emotionen, Wut und Unverständnis mischen sich mit der leisen Hoffnung auf Frieden. Lassen wir nicht den Hass obsiegen, bündeln wir die Kräfte und stärken die Menschen, die sich vor Ort für die Rechte aller einsetzen: Für Sicherheit, Freiheit und Gerechtigkeit! Ob jüdisch, muslimisch, christlich oder atheistisch, wir sind Menschen, wir sind alle gleichwertig und setzen wir unsere Kräfte dafür ein: Für Dialog und Versöhnung, für eine gerechte Friedenslösung, dank der das palästinensisch-arabische und das israelisch-jüdische Volk,  im Frieden leben werden.

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit: Schalom-Salam-Paix-Pace Frieden!

Nikolai Prawdzic

 

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