Schwere Menschenrechtsverletzungen mit Schweizer Waffen

Die Sonntagszeitung berichtet in ihrer heutigen Ausgabe, dass die Schweiz im vergangenen Jahr hunderte Sturmgewehre und Granatwerfer an paramilitärische Einheiten in Indien geliefert hat, die für ihre Menschenrechtsverstösse berüchtigt sind.

Die Liste der Verbrechen dieser Einheit, der Border Security Forces (BSF), ist lang.

Fast tausend wahllose Tötungen

Gemäss einem Bericht von Human Rights Watch vom Dezember 2010 haben die BSF an der Grenze zu Bangladesch in den letzten Jahren fast 1000 Menschen wahllos erschossen. Die Einheit gehe mit äusserster Brutalität gegen die Bevölkerung der Grenzregion vor. Unter dem Vorwand der Bekämpfung des Schmuggels wende sie oft ohne Vorwarnung tödliche Gewalt an und treffe dabei immer wieder einfache Bauern, die im Grenzland ihr Vieh hüteten. Human Rights Watch zitiert den 15-jährigen Mohammad Omar Faruq, der berichtet, wie BSF-Soldaten seinen 13-jährigen Kollegen Abdur Rakib erschossen:

“Ich hatte unsere drei Büffel im Feld knapp 50 Meter von der Grenze entfernt grasen lassen. Ich und viele andere Jungs hatten den Ort oft als Weidefläche verwendet… Ein Junge war gerade am Fischen im See… Ein BSF-Soldat stand an der Grenze und sprach laut auf den fischenden Jungen ein. Es sah so aus, wie wenn der Soldat vom Jungen Fische haben wollte… Sie begannen sich zu beschimpfen und der BSF-Soldat zielte mit seiner Waffe auf den Jungen. Der Junge rannte davon und der Soldat begann zu schiessen. Ich denke, es waren zwischen sieben und zehn Schüsse… Ich wurde von einem Schuss in die rechte Hüfte getroffen und fiel zu Boden.”

Weitere Menschenrechtsverletzungen

Bereits früher gab es ähnliche Berichte – unter anderem an den UN-Menschenrechtsrat – die von ähnlichen solchen Verbrechen der BSF berichten. Teilweise wird den BSF vorgeworfen, selber in den Schmuggel oder in Entführungsfälle an der indisch-bangladeschischen Grenze verwickelt zu sein. Auch die Regierung Bangladeschs wirft der BSF regelmässige illegale Grenzüberschreitungen und Übergriffe auf die Bevölkerung vor.

Auch im Stellvertreter-Krieg mit Pakistan in Jammu und Kaschmir ist die BSF mit „Anti-Terrorismus-Operationen” gegen aufständische Muslime involviert. Auch von dort gibt es Berichte über diverse Menschenrechtsverstösse durch die BSF, darunter Folter, aussergerichtliche Hinrichtungen und das „Verschwindenlassen” von politischen AktivistInnen.

Die BSF ist auch in den Bürgerkrieg mit den Naxaliten verwickelt. Alleine im Mai 2010 wurden 10‘000 zusätzliche BSF-Soldaten in die umkämpften Gebiete in Chhattisgarh and Orissa entsandt.

Im vergangenen Jahr verweigerten die kanadischen Immigrationsbehörden einem BSF-Vertreter die Einreise. Die Begründung war, dass die BSF “berüchtigte, gewalttätige paramilitärische Einheit” sei, die für “systematisch Angriffe auf die Zivilbevölkerung und für die Folter” verantwortlich ist.

Verstösse gegen die Kriegsmaterial-Verordnung

Die Schweizer Kriegsmaterial-Verordnung verbieten Waffenlieferungen an Länder, in denen Menschenrechte schwerwiegend verletzt werden, oder an Länder, die in einen internen bewaffneten Konflikt verwickelt sind. Es ist offensichtlich, dass die Waffenlieferungen an die BSF gegen beide diese Kriterien verstossen. (Hier gibt es Informationen über die Klassifizierung der Auseinandersetzungen als “bewaffnete Konflikte”.) Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft Seco hat diese Deals dennoch gutgeheissen, obwohl es äusserst einfach gewesen wäre, sich über die BSF zu informieren: Sogar Wikipedia berichtet seit Jahren über die Menschenrechtsverstösse. Das Seco beweist damit einmal mehr, dass für Bundesbern die Profite einer kleinen Schweizer Waffenfirma wichtiger sind als die Menschenrechte – wichtiger als die Schweizer Gesetzgebung.

Indische Paramilitärs mit einem SIG-552-Sturmgewehr aus Neuhausen am Rheinfall.

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