Disziplinarstrafordnung / Militärstrafrecht

Das Militärstrafgesetz (MStG) unterscheidet zwischen dem Militärstrafrecht (Erstes Buch MStG) und der Disziplinarstrafordnung (Zweites Buch MStG). Wenn du beispielsweise Vorschriften, Befehle oder die militärische Ordnung missachtest, machst du dich im Sinne eines Disziplinarfehlers strafbar. Falls du jedoch gegen das Militärstrafrecht verstösst, droht dir ein Prozess vor dem Militärgericht. Die Disziplinarstrafordnung wird bedeutend häufiger angewendet.
   
Disziplinarstrafordnung
Strafbare Handlungen (MStG 180 oder als Anhang im DR04)

«Einen Disziplinarfehler begeht, sofern das Verhalten nicht als Verbrechen, Vergehen oder Übertretung strafbar ist, wer:
a) seinen dienstlichen Pflichten zuwiderhandelt oder den Dienstbetrieb stört;
b) öffentliches Ärgernis erregt;
c) die Grundregeln des Anstands verletzt oder groben Unfug treibt.»

Wenn dein Offizier es will, kannst du also für fast alles bestraft werden. Disziplinarstrafen sind deswegen ein beliebtes Drohmittel. Bei Disziplinarfehlern kommst du nicht vor ein Gericht, sondern deine Vorgesetzten entscheiden über das Strafmass. Der Anklagende muss dir jedoch einen Vorsatz nachweisen können. Wenn du stichhaltige Argumente dafür liefern kannst, dass du unbewusst oder fahrlässig gehandelt hast, darfst du nicht oder nur milde bestraft werden.

Ablauf des Verfahrens (MStG 200-205)

Wenn dir ein Disziplinarfehler vorgeworfen wird, dann wird als Erstes ein Rapport erstellt, welchen du ebenso aufmerksam durchlesen solltest wie das Protokoll, welches bei der obligatorischen Anhörung deiner Stellungnahme erstellt werden muss. Vor der Urteilseröffnung solltest du deine Akten einsehen und dir dazu Notizen machen, damit du dich besser verteidigen kannst. Zu Beginn der Einvernahme muss dir auf jeden Fall der vorgeworfene Sachverhalt mitgeteilt werden. Bei dem Verfahren sind der Richter und der «Staatsanwalt» meist ein und dieselbe Person. Verteidigen musst du dich selbst. Eine Vertretung ist nicht möglich.
Wirst du schuldig gesprochen, erhältst du eine schriftliche Verfügung gegen welche du Beschwerde einlegen kannst.

Strafarten (MStG 186-188 und 195-199)
Disziplinarstrafen, die dich treffen könnten, sind: Verweis, Ausgangssperre, Disziplinarbusse oder Arrest. Der Verweis ist die leichteste Strafe. Bei der Ausgangssperre musst du zwar den Dienst weiter mitmachen, darfst aber am Abend nicht in den Ausgang. Diese Sperre kann 3 bis 15 Tage dauern. Am Wochenende darfst du weiterhin nach Hause. Im Dienst kann die Busse bis zu 500 Franken betragen, ausserhalb der Dienstzeit 1000 Franken. Die Kantone ermöglichen das Abverdienen von Bussen durch Arbeit (MStP 211). Die Bussen müssen innert 2 Monaten beglichen werden (MStG 189). Wenn du die Busse nicht bezahlst, wird sie in Arrest umgewandelt, pro 100 Franken ein Tag. Beim Arrest wirst du in eine Zelle eingesperrt und weitgehend isoliert. Du darfst nur eine Stunde pro Tag raus und dies nur in Begleitung eines Offiziers. Der Arrest kann bis zu 10 Tage dauern. Zudem werden dir diese Tage nicht als Dienstzeit angerechnet.

Deine Rechte in der Arrestzelle (MStG 190)
Die Zelle muss gesundheitspolizeilichen Standards und den internationalen Konventionen über Haftbedingungen entsprechen. Du hast das Recht, deine Angehörigen zu verständigen. Besuche sind jedoch nur in Ausnahmefällen erlaubt. Deine Post darf dir nicht vorenthalten werden, auch nicht «Fresspakete». Du darfst auch aus der Zelle  Briefe schreiben. Dein Kadi oder ein Feldprediger muss dich besuchen, wenn du das verlangst. Unentbehrliche Gegenstände dürfen dir nicht abgenommen werden, z.B. deine Brille. Du hast Anrecht darauf, ab dem zweiten Tag mindestens einmal täglich für 60 Minuten nach draussen zu gehen, sowie auf die nötige Zeit für Körperpflege. Dir sind eine Zeitung pro Tag sowie religiöse Schriften und das Dienstreglement zur Verfügung zu stellen. Werden dir Rechte verwehrt, so schreibe eine Beschwerde.

Disziplinarbeschwerde (MStG 206-208 oder im DR04)
Wenn ein Verfahrensfehler, ein missbräuchliches Strafmass oder eine nicht berücksichtigte entlastende Aussage vorliegt, solltest du eine Disziplinarbeschwerde einreichen.
Weitere Gründe für eine Beschwerde gegen das Strafmass gibt es, wenn die Ausübung von verfassungsmässigen Rechten bestraft wurde (Religions-, Meinungs- und Petitionsfreiheit) oder wenn während des Verfahrens eine Drohung gegen dich ausgesprochen wurde. Ungültig ist das Urteil, wenn dir lediglich eine «verfehlte» Einstellung vorgeworfen werden kann oder du die Verfügung sprachlich nicht verstehen kannst. Nachdem du die Strafverfügung erhalten hast, bleiben dir 24 Stunden Zeit zum Einreichen deiner Beschwerde. Wird dir die Strafverfügung ausserhalb des Dienstes oder weniger als 24 Stunden vor deiner Entlassung aus dem Dienst eröffnet, so beträgt die Frist fünf Tage. Die Beschwerde musst du beim nächsthöheren Vorgesetzten des Verfügenden schriftlich einreichen.
Bei einer Beschwerde darf das erstinstanzliche Strafmass auf keinen Fall erhöht werden. Du riskierst also nichts und es kostet dich nichts (MStG 208). Wenn du die Strafe übers Wochenende antreten müsstest, lohnt sich die Beschwerde besonders, da sie aufschiebende Wirkung hat (MStG 207). 

Disziplinargerichtsbeschwerde (MStG 209-210)

Bei Arrest oder Bussen über 300 Franken kannst du eine «Disziplinargerichtsbeschwerde» gegen einen negativen Entscheid über deine Beschwerde einreichen (MStG 209). Das solltest du dir jedoch gründlich überlegen, falls nicht grobe Fehler wie zum Beispiel eine Verschärfung des Strafmasses vorliegen.
Wurde ein verfassungsmässiges Recht missachtet, so ist dieser Schritt aber wichtig. Wir empfehlen auch, Rat bei einer Beratungsstelle einzuholen und die GSoA oder die Presse zu kontaktieren.
Das Verfahren kann sich über Wochen hinziehen und ist öffentlich (MStG 210). Wenn du nicht vollumfänglich Recht bekommst, wirst du die Verfahrenskosten übernehmen müssen (MStP 171). Die Disziplinargerichtsbeschwerde muss spätestens drei Tage nach dem Beschwerdeentscheid am zuständigen Militärappella-
tionsgericht eingereicht werden. Lass dich hierbei von einem zivilen Anwalt beraten.

Militärstrafrecht
Wenn du gegen das Militärstrafgesetz verstösst, droht dir ein Prozess vor dem Militärgericht. Diesen darf jedoch nicht dein Kadi, sondern nur ein militärischer Untersuchungsrichter veranlassen. Zu einem Prozess kommt es nur höchst selten, denn dazu muss ein gravierender Verstoss vorliegen. Oftmals wird mit dem Untersuchungsrichter nur gedroht und der Fall dann doch ad acta gelegt.

Das Verfahren
 Erstes wird über deinen Verstoss ein Rapport geschrieben. Das Verhör wird  vom nächsthöheren Vorgesetzten, bei schweren Fällen vom Untersuchungsrichter durchgeführt. Falls ein Strafverfahren gegen dich eröffnet wird, ist es wichtig, dass du mit deinen Kameraden das Vorgefallene besprichst und nach entlastenden Zeugen suchst. Beim Verhör werden Personalien erfasst, Zeugenaussagen gesammelt und ein Protokoll erstellt. Mache vom Recht der Aussageverweigerung Gebrauch, da dir in der Hitze des «Wortgefechts» Aussagen rausrutschen könnten, mit denen du später Probleme bekommst. Bei sehr schwerwiegenden Vorfällen können bis zu drei Tage Untersuchungshaft verhängt werden, allerdings nur, wenn Flucht- oder Vertuschungsgefahr besteht.
Ist dies nicht der Fall, kannst du Beschwerde dagegen einreichen. Vom Protokoll des Verhörs solltest du dir eine Kopie machen lassen und vor der Unterschrift noch alle nötigen Korrekturen vornehmen. Pass besonders auf, wenn während des Verhörs eine lockere Atmosphäre herrscht, eventuell wird versucht, dich über private Unterhaltungen zu unvorsichtigen Aussagen zu bewegen. Es ist möglich, dass du nach dem Verhör an den Waffenplatzpsychiater weitergereicht wirst, welcher deine «Schuldfähigkeit» und Diensttauglichkeit untersuchen soll. Sind alle Beweise aufgenommen und wird deine Schuld nicht mit einem Disziplinarverfahren geahndet, so kommt der Fall vor das zuständige Militärgericht. Genaueres findest du im Militärstrafgesetz.

Nimm auch mit einer Beratungsstelle Kontakt auf!

,