Der Nahost-Konflikt und das Wasser

Der arabisch-israelische Konflikt und besonders der israelisch-palästinensische Konflikt werden in erster Linie als politische und territoriale Gegensätze betrachtet. Weniger bekannt ist eine weitere Dimension, die zur Zuspitzung des Konfliktes beigetragen hat und deren Bedeutung weiter zunimmt: Das Wasserproblem.

Das Gebiet von Israel und die von Israel besetzten Gebiete gehören zu den wasserärmsten Regionen der Welt. Da die UNO-Resolution von 1947, die zur Teilung Palästinas führte, mit keinem Wort auf die Wasserfrage einging, bildete die Wasserfrage in der Folge Anlass zu mehreren Konfliktsituationen, die mit der versuchten Blockade der Jordan-Zubringerflüsse (ehemals Syrien, heute das Gebiet des Golans) durch die arabischen Länder und der Bombardierung der Bauarbeiten durch Israel im Jahre 1966 ihren Höhepunkt erreichten und mit ein Grund für die Besetzung des Golan und der Westbank durch Israel waren. Denn abgesehen von Regenfällen können Israel und die besetzten Gebiete nur auf zwei Wasserressourcen zurückgreifen:

  1. Den Jordanfluss mit seinem Einzugsgebiet in den Golan-Höhen, dem Tiberias-See und dem Yarmuk, der in den unteren Jordan mündet
  2. Drei wichtige Grundwasserbecken, die sich im Gürtel zwischen Mittelmeer und Jordan hin erstrecken und sowohl von Israel wie auch vom Gebiet der besetzten palästinensischen Gebiete angebohrt werden können.

Der Sechstage-Krieg, die nachfolgende israelische Besetzung des Golan und der palästinensischen Gebiete durch Israel sowie deren Kontrolle durch die israelische Verwaltung haben zu folgender aktueller Situation geführt:

  • 75% der Wasserressourcen der besetzten Westbank und im Gaza-Streifen werden heute von Israel genutzt.
  • Mit ca. 330 Kubikmetern Wasser pro Jahr verbraucht ein israelischer Staatsangehöriger viermal soviel Wasser wie ein Palästinenser/ eine Palästinenserin, der/die pro Jahr im Jahr rund 85 Kubikmeter Wasser zur Verfügung hat.
  • In der Zeit zwischen 1966-1995 wurden von der israelischen Militärverwaltung nur 23 Bewilligungen zum Brunnenbau an PalästinenserInnen in der Westbank und im Gaza-Streifen ausgestellt, hingegen deren 32 für israelische Siedlungen in den besetzten Gebieten.
  • Die israelische Wassergesellschaft Mekorot bohrte in der Zeit zwischen 1966 bis 1995 bis 600m tiefe Brunnen. Die Brunnenanlagen der PalästinenserInnen durften nicht tiefer als 150m sein.
  • Als Folge der Beschränkungen ist der Umfang der bewässerten Flächen der palästinensischen Landwirtschaft von 32’200 ha im Jahre 1970 auf 10’130 ha im Jahr 1984 zurückgegangen. Laut einer Studie der israelischen Friedensbewegung Peace Now ist die bewässerte Fläche in den jüdischen Westbank-Siedlungen pro Kopf dreizehnmal grösser als die der palästinensischen Bewohner.
  • Mit ca. 75 Litern durchschnittlichen Wasserverbrauchs pro Kopf und Tag liegt der Wasserverbrauch eines Palästinensers/einer Palästinenserin unter dem von der World Health Organization festgesetzten Minimums von 100 Litern pro Tag, welcher als Voraussetzung für körperliche Hygiene und die tägliche Verrichtung von notwendigen Arbeiten (Kochen, etc.) angesehen wird. Damit ist die Lebensgrundlage der PalästinenserInnen gefährdet.

Eine Lösung des Konfliktes?

Die Bedeutung des Wasserproblems wird im Nahost-Konflikt weiter zunehmen. Darum ist eine Beilegung des Konfliktes nur möglich, wenn auch eine gerechte Lösung für die Verteilung der knappen Wasserressourcen angestrebt wird. Diese Lösung darf nicht nur Israel und Palästina betreffen, sondern muss überregional auch mit Syrien und Jordanien abgestützt werden. Daneben ist der gravierende Wassermangel in den besetzten Gebieten zu beheben. Hilfswerke wie die deutsche GTZ leisten dafür seit Jahren wichtige Arbeit. Wollen diese Arbeiten aber längerfristig nicht nur ein Tropfen auf den heissen Stein sein, so müssen auch die für eine wirkliche Versorgung der palästinensischen Bevölkerung notwendigen politischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Quellen: Tagesanzeiger, Alternative Information Center, IPPNW, The Palestine Monitor

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