«Bringt uns nicht weiter um!»

Im Schatten des Krieges der USA gegen den weltweiten Terror führt Präsident Putin in Tschetschenien seinen eigenen «Krieg gegen Terror». Nach der Ermordung des Präsidenten Achmad Kadyrow steht das völlig zerstörte Land vor einer ungewissen Zukunft.
Stefan Luzi sprach mit dem Tschetschenen Aslan Dudajew (Name geändert).

Aslan, du lebst als Tschetschene in der Schweiz. Wie ist es dazu gekommen?

Nach dem Ausbruch des zweiten Krieges gab es eine grosse Flüchtlingswelle der Bevölkerung aus Tschetschenien; nach verschiedenen Schätzungen ist heute mehr als die Hälfte der tschetschenischen Bevölkerung auf der Flucht. Im Zuge dieser Flucht nach Europa bin ich, in die Schweiz gekommen.

Der Krieg in Tschetschenien dauert nun schon seit 11 Jahren. Das erklärt, warum der Ausbruch des zweiten Krieges im Jahr 1999 für mich eigentlich kein Schock mehr war: Den Krieg war meine Familie seit dem ersten Krieg gewohnt, als wir vor den Bomben aus Grosny fliehen mussten und Zeugen waren, wie vor allem alte und kranke Menschen in der von den Russen umzingelten Stadt ums Leben kamen. Nach dieser Flucht zogen wir während fast zweier Jahre auf der Suche nach einem Platz zum Leben innerhalb der russischen Föderation von Bekannten zu Bekannten.

Während es im Laufe des ersten Krieges kaum Fluchtbewegungen in europäische Länder gab, änderte das im zweiten Krieg abrupt. Das zeigt, dass die tschetschenische Bevölkerung den Krieg mehr und mehr als Krieg gegen das tschetschenische Volk wahrnahm und erlebte? und nicht als einen Krieg gegen irgendwelche Rebellenführer oder «Terroristen».

Oder hatten die Leute im ersten Krieg noch Hoffnung auf ein Ende der Gewalt und heute schlicht nicht mehr?

Die Zeit zwischen 1994 und 1996 war die Zeit einer Aufbruchsstimmung in Russland: Es gab relative Medienfreiheit, eine ziemlich starke Zivilgesellschaft und eine Regierung, die zumindest in Ansätzen demokratisch kontrolliert war. Deshalb war die Mehrheit der RussInnen gegen den ersten Krieg und hat Jelzin zu einem Friedensschluss gezwungen. Heute ist das anders: Der Trend in der russischen Gesellschaft geht Richtung Autoritarismus, die demokratischen Reformen werden für die schlechte wirtschaftliche Situation verantwortlich gemacht und die Medien sind unter Kontrolle der Regierung. Die Menschen in Russland glauben heute an eine Darstellung der Welt, die ihnen durch die kontrollierten Medien beigebracht wird und in der die Tschetschenen Terroristen sind, die Russland angegriffen haben und finanziell ausbeuten und deren Bekämpfung darum für Russland überlebensnotwendig ist. Aus diesem Grund ist für viele Tschetschenen die Flucht in andere Gebiete der russischen Föderation nicht mehr möglich, da sie dort einer massiven Diskriminierung ausgesetzt sind.

Russland musste sich im Jahr 1996 aus Tschetschenien zurückziehen. Was waren die Gründe für den Beginn des zweiten Krieges im Jahr 1999?

Wenn man die Kriege in Tschetschenien analysiert, die eigentlich seit beinahe 300 Jahren im Gange sind, muss man feststellen: Schon immer hat sich allein der Kreml das Recht genommen, einen Krieg in Tschetschenien zu beginnen oder zu beenden. Wenn die russische Regierung einen Krieg gegen Tschetschenien beginnen möchte, so findet sie immer Gründe zur Rechtfertigung, finanzielle Mittel und auch internationale Unterstützung.

Nach dem ersten Krieg gab es einen Friedensvertrag und Waffenstillstand zwischen Russland und dem tschetschenischen Widerstand. Hauptbestandteil dieser Verträge war, dass die politischen Beziehungen zwischen Russland und Tschetschenien bis im Jahr 2001 geklärt werden sollten.

Heute müssen wir feststellen, dass die tschetschenische Bevölkerung und Regierung es nicht geschafft hat, das Land in der Zeit nach dem ersten Krieg zu befrieden und funktionierende Institutionen aufzubauen. Russland benützte diese Tatsache in der Folge als Argument, dass die tschetschenische Bevölkerung nicht fähig sei, selber über Tschetschenien zu bestimmen.

Wer aber Tschetschenien nach dem ersten Krieg bereiste, erkannte, dass eine Rückkehr zur Normalität in diesen wenigen Jahren schlicht unmöglich war: Das Land war komplett zerstört, die Städte, Dörfer und auch die Wirtschaft lagen am Boden, ein Zehntel der Bevölkerung war im Krieg ums Leben gekommen, die ökologischen Schäden waren immens. Wie konnte man zudem von Menschen, die während zweier Jahre keine Sekunde ohne ihr Gewehr verbracht hatten, erwarten, dass sie sich innerhalb eines Jahres in eine friedliche Gesellschaft einfügen können? Dazu kam, dass Tschetschenien in diesen Jahren von Russland mit einer Blockade abgesperrt wurde, so dass kaum Entwicklungshilfe und keine Investitionen in das Land gelangen und keine Exportgeschäfte aufgebaut werden konnten. Die Folge war eine hohe Kriminalitätsrate und Menschen, die vom Krieg traumatisiert vor einer Zukunft ohne wirtschaftliche Perspektiven standen. Tschetschenien bekam weder die Zeit noch die Hilfe, um sich zu einem Land mit einer funktionierenden Wirtschaft und demokratischen Institutionen zu entwickeln.

Präsident Maschadow, der nach dem ersten Krieg 1997 in fairen Wahlen gewählt wurde und von der OSZE und sogar von Russland anerkannt wurde, war vielleicht ein schwacher Präsident, der in den drei folgenden Jahren nicht alles unternahm, was hätte unternommen werden müssen. Doch ein schwacher Präsident ist meiner Meinung nach noch immer besser als ein Diktator ? ein solcher wurde für uns später von Russland in der Person Achmad Kadyrows gefunden. Maschadows Ziel war es hingegen ? und dies ist ihm gelungen ?, Tschetschenien vor einem Bürgerkrieg zu bewahren. Als Folge des ersten Krieges haben in Tschetschenien nämlich islamistische Bewegungen einen starken Auftrieb erlebt, der Maschadow zwang, mit ihnen längerfristig einen Kompromiss anzustreben. Ein Konflikt im Innern Tschetscheniens hätte Russland einen Grund geliefert, als «Friedensstifter» wiederum zu intervenieren.

Der Grund für den Beginn des zweiten Krieges liegt in den Ambitionen Putins auf das Amt des russischen Präsidenten im Jahr 1999: Ohne Krieg in Tschetschenien wäre Putin als politisch unbekannte Figur nie an die Macht gekommen. Putin hat damals den Einmarsch von einigen tschetschenischen Freischärlern nach Dagestan sowie die Bombenanschläge in Moskau im Jahr 1999, deren Urheberschaft noch immer im Dunkeln liegt, zum Anlass genommen, den «Krieg gegen Banditen» wie er von Jelzin noch geführt wurde, unter dem neuen Namen «Krieg gegen den Terror» wieder zu beginnen. Tschetschenien war eine Trumpfkarte im Machtkampf um das Amt des russischen Präsidenten ? und ist es noch immer. Denn die Regierung unter Putin braucht den Krieg in Tschetschenien, um in Russland einen autoritären Kurs weiterzuführen. Ein russischer Menschenrechtler hat das so auf den Punkt gebracht: «Der Krieg in Tschetschenien wird geführt, um die Demokratie in Russland zu zerstören.»

Was auch nicht vergessen werden darf, ist, dass mit dem Krieg in Tschetschenien seit Jahren Profit gemacht wird: Die Gelder, die die russische Regierung für den Wiederaufbau des Landes vorgesehen hat, sind in Tschetschenien nie angekommen, sondern sind in den Händen des russischen Militärs, der Verwaltung etc. verschwunden. Putin weiss das ­ und so war sein Schock über den Zustand der zerstörten Stadt Grosny, den er anlässlich seines Besuches im Mai 2004 vorgespielt hat, doppelt zynisch.

Du hast die Auseinandersetzungen zwischen Maschadow und den islamistischen Gruppierungen angesprochen. Welche verschiedenen kämpfenden Gruppierungen gibt es momentan in Tschetschenien? Unterscheiden sich ihre Ziele?

Die Hauptfigur im heutigen Tschetschenien und im Widerstand ist der frühere Präsident Maschadow mit seinen Truppen, auch wenn Russland versucht, dessen Einfluss in der Bevölkerung herunterzuspielen ? was die rusische Regierung aber nicht hindert, bei jeder Aktion des Widerstands Maschadow die Schuld zuzuweisen. Maschadow ist ein Symbol, weil er als legitimer Präsident gewählt worden ist. Russland will dieses Symbol und damit die Erinnerung an eine mögliche Selbstbestimmung des tschetschenischen Volkes ausradieren.

Die islamistischen Kräfte in Tschetschenien verlieren hingegen ständig an Einfluss und ohne Krieg wären diese Gruppierungen wohl kaum mehr existent. Man muss wissen, dass es solche islamistischen Gruppierungen vor dem ersten Krieg in Tschetschenien überhaupt nicht gab; sie sind also ein direktes Produkt der Kriege. Für viele der jungendlichen Kämpfer aus dem ersten Krieg, die nach den Bombardierungen ohne Zukunft dastanden, erschien der Islam als ein Ausweg aus der Ohnmacht, als eine reine, unbeschmutzte Lehre. Diese Verbände sind heute stark, weil sie gut vorbereitet und bewaffnet sind; ihre Zahl ist aber beschränkt.

Es gibt daneben verschiedene weitere Widerstandsgruppen, die für die Unabhängigkeit kämpfen und in der Tradition von Unabhängigkeitsbemühungen stehen, die in Tschetschenien schon seit 300 Jahre existieren.

Als weitere Akteure sind Menschen zu nennen, die eigentlich gar nicht für einen bestimmten Status des Landes kämpfen, sondern in den Krieg gezogen wurden, weil die russische Armee ihre Verwandten und Bekannten umgebracht hat, sie geschlagen und gefoltert oder ihre Häuser vernichtet hat. Die jungen Frauen, die als Selbstmordattentäterinnen Aufsehen erregt haben, entstammen diesen Gruppierungen. Sie wurden vielfach Opfer unsäglicher Gewalt und sehen keinen anderen Ausweg aus dem Elend als den Tod. Diese Gruppierungen sind heute in Tschetschenien am stärksten, weil es überall Betroffene und Opfer des Krieges gibt ? und damit Widerstandswillige. Diese Entwicklung ist eine logische Folge des Krieges.

Ebenfalls eine Folge des Krieges ist das Auftreten von Menschen und Gruppierungen, die heute auf russischer Seite, beispielsweise in der Verwaltung von Kadyrow, arbeiten. Diese Menschen sehen ihre Tätigkeit schlicht als das einzige Mittel, um nicht zu verhungern. Dasselbe gilt auch für die Kämpfer in der Miliz Kadyrows: Viele von ihnen kämpfen nicht freiwillig auf prorussischer Seite, sondern wurden festgenommen und vor die Entscheidung gestellt, entweder mit Kadyrow zu kämpfen oder den Tod ihrer Verwandten, die von den Milizen entführt worden waren, hinzunehmen…

Kadyrow selbst hat im ersten Krieg noch als Widerstandskämpfer gekämpft. Zu Beginn des zweiten Krieges sah er aber die Möglichkeit, seine Habgier mit einem Übertritt zu den Russen zu befriedigen. Ihm ging es vor allem um Geld und Macht. Mit ihm ist eine Familie an die Macht gekommen, die ohne die Russen nie an die Macht gekommen wäre. Um diese Macht zu bewahren, war er bereit, zusammen mit den Russen die Bevölkerung zu terrorisieren (im Jahr 2004 wird die Mehrheit der Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien auf Aktionen der Kadyrow-Milizen zurückgeführt, sl).

Kämpft auch Maschadow für die Unabhängigkeit?

Maschadow ist heute bereit, ohne die Bedingung der Unabhängigkeit Tschetscheniens mit Russland zu verhandeln. Die schreckliche Lage der tschetschenischen Bevölkerung verbiete es, Forderungen zu stellen, die den Russen als neue Legitimation für eine Fortsetzung des Krieges dienen könnten. Heute will die Mehrheit der Tschetschenen schlicht und einfach, dass der Krieg endet.

Der russische Minister Hermann Gref hat kürzlich nach einem Besuch Grosnys, das er als Hollywood-Kulisse bezeichnete, gesagt, dass er erstaunt sei, dass sich die tschetschenische Bevölkerung nicht über die Zustände beklage. Und Gref hat Recht: Die tschetschenische Bevölkerung ist heute psychologisch so stark demoralisiert, dass niemand mehr Forderungen stellt oder Klagen vorbringt. Die Menschen leben in Trümmern, auch im eisigen Winter, fast ohne Nahrung und medizinische Betreuung Sie erleben mit, wie täglich Menschen entführt oder getötet werden, wie Verwandte auf Minen treten und umkommen und ihre Kinder als Folge der riesigen ökologischen Schäden an Krebs sterben.

Alles, was diese Menschen fordern ist, dass man sie nicht mehr umbringt.

Wir haben über Kadyrow gesprochen, der im Mai 2004 durch ein Attentat getötet worden ist. Seine Familie bleibt, nach den ersten Reaktionen des Kreml, aber weiterhin an der Macht. Was bedeutet dies für den Krieg?

Kadyrow und sein Sohn, der nun wahrscheinlich an die Macht kommt, entstammen einer Familie aus den Gebirgen Tschetscheniens. Sie gehören zu einem Teil des tschetschenischen Volkes, das sehr stark nach überlieferten Sitten und Gebräuchen lebt. Sie leben nach strikt patriarchalischen Gesichtspunkten. Für Kadyrow war es beispielsweise inakzeptabel, dass die Ehefrauen von Maschadow und Dudajew (seit 1991 und während des ersten Krieges tschetschenischer Präsident; wurde im Jahr 1996 durch eine russische Rakete in seinem Auto getötet, sl) in der Öffentlichkeit überhaupt auftraten.

Kadyrow kannte die russische Kultur nicht und mochte die Russen nicht. Dass Ramsan Kadyrow kürzlich angedeutet hat, er vermute die Russen hinter der Ermordung seines Vaters, zeigt das starke Misstrauen dieser Familie gegen Russland. Aber Kadyrow waren die Russen von Nutzen , um mit seinem Clan seinen Einfluss zu behaupten. Für ihn waren die Anstrengungen Maschadows, das Land zu vereinen und den Einfluss der Stämme und Clans zu vermindern , eine Herausforderung. In der Mentalität dieser Menschen, die heute mit Hilfe Russlands an der Macht sind, liegt daher ein weiterer Grund für das Scheitern der Konsolidierung des Staates nach dem ersten Krieg.

Der Tod Kadyrows ist daher eine grosse Niederlage für Putin. Wie sich der Kreml nun im Hinblick auf die Wahlen vom 28. August entscheidet ? ob er die Macht in den Händen des Kadyrow-Clans belassen will oder allenfalls weitere Kandidaten zulässt ?, ist noch unklar. Klar ist einzig, dass die Wahlen wiederum keineswegs frei sein werden, auch wenn der Europarat angekündigt hat, WahlbeobachterInnen zu entsenden.

Die Zukunft Tschetscheniens hängt aber weniger von der Person des neuen Präsidenten ab, sondern von der Entscheidung Russlands, ob den Menschen auf der Seite des tschetschenischen Widerstandes das Recht eingeräumt wird, ihre Meinung zu äussern. Wer Frieden will, muss mit denjenigen verhandeln, gegen die er kämpft.

Was könnte Russland zu einem Rückzug aus Tschetschenien und zur Durchführung freier Wahlen bewegen?

Putin ist ein Pragmatiker. Heute überwiegen die Vorteile, die er aus dem Krieg zieht. Aber die Tatsache, dass in Tschetschenien junge Soldaten und ein Volk stirbt, hat keinen grossen Einfluss auf seine Entscheidungsfindung. Ein Rückzug würde zu Vorwürfen des Militärs führen und zu einem Popularitätsverlust in der Bevölkerung, vor der er sich immer als starker und unbeugsamer Mann präsentiert hat.

Würden die Vorteile einer Friedenslösung überwiegen, würde Putin keinen Moment zögern, seine Position zu ändern. Dies könnte nur durch wirtschaftlichen und politischen Druck des Westens, insbesondere der USA, erfolgen. Doch hier sehe ich ein Problem, das «Realpolitik» heisst: Tschetschenien ist zu klein, zu weit weg und zu unbedeutend, als dass die westlichen Grossmächte riskieren würden, ihre Beziehungen zu Russland zu gefährden. Auch das ist pragmatische Politik. Hoffnung setze ich darum vor allem in die gesellschaftlichen Bewegungen der westlichen Länder: Ich kann mir vorstellen, dass die westlichen Gesellschaften in den nächsten Jahren zum Schluss kommen, dass sie nach dem 11. September 2001 und mit dem Beginn des Krieges gegen den Terror zu weit gegangen sind in der Einschränkung der Bürgerechte und der Vergabe von Freipässen für Regimes, die unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung ihre Bevölkerung unterdrücken.

Wenn wir realpolitisch denken, ist der Einfluss der Schweiz wohl gering einzuschätzen. Welche Möglichkeiten siehst du trotzdem, wie die Schweiz Druck auf Russland aufbauen könnte und damit auf ein Ende des Krieges in Tschetschenien hinarbeiten könnte?

Jedes Land, welches Russland Kredite gibt oder wirtschaftlich unterstützt, leistet einen Beitrag zum Krieg in Tschetschenien. Ohne Geld aus dem Westen könnte Russland keinen solchen Krieg führen, keine Kontraktssoldaten anstellen, keine neuen Bomben kaufen oder Haftlager für Tschetschenen aufstellen. Nach russischen Einschätzungen hat der Krieg in Tschetschenien bisher 60-100 Milliarden Dollar gekostet, was für Russland, welches im Jahr 1998 ein Budget von 20 Milliarden besass, eine enorme Summe ist.

Die Schweiz ist als Depositärstaat der Genfer Konventionen eigentlich verpflichtet, auf die Lage in Tschetschenien aufmerksam zu machen.

Einen weiteren Beitrag sehe ich in der Behandlung und Aufnahme von tschetschenischen Flüchtlingen. Heute leben etwa 300 tschetschenische Flüchtlinge in der Schweiz, die nur in Einzelfällen als politische Flüchtlinge anerkannt werden. Vor einigen Wochen wurde erstmals ein Tschetschene ausgeschafft, der in Moskau prompt von der Polizei verhaftet und misshandelt wurde. Die Tschetschenen in der Schweiz leben daher in ständiger Angst, vor Ausschaffung. Sie sind zudem zu “Untätigkeit verdammt”, dabei könnte das Lernen neuer Fähigkeiten, Werte und Kulturen die Menschen nach einer Rückkehr nach Tschetschenien befähigen, am Aufbau und an einer Demokratisierung des Landes mitzuarbeiten – damit niemals wieder eintrifft, was im Moment in Tschetschenien passiert.

10 Jahre Krieg im Kaukasus

1994: Jelzin befiehlt Militäroperationen gegen die Regierung Dudajew, die 1991 die Unabhängigkeit Tschetscheniens erklärt hatte.
1995: Grosny wird eingenommen, Dudajew geht zum Guerilla-Kampf über.
1996: Präsident Dudajew kommt durch eine Rakete ums Leben. Nach der Wiederwahl Jelzins erreicht der Ex-General Alexander Lebed eine Waffenstillstandsvereinbarung.
1997: Aslan Maschadow wird zum neuen Präsidenten Tschetscheniens gewählt. Mit Moskau wird ein schrittweiser Ausstieg der Republik aus der Russischen Föderation vereinbart.
1999: Islamische Freischärler dringen aus Tschetschenien nach Dagestan ein und proklamieren einen unabhängigen »Gottesstaat«. In Moskau fallen Sprengstoff-Attentaten bis zu 300 Menschen zum Opfer. Putin veranlasst Luftangriffe auf Stellungen der islamischen Guerilla.
2000: Putin stellt Tschetschenien im Jahr 2000 als «Teilrepublik» unter direkte Verwaltung des Kreml.
2002: Tschetschenische Rebellen besetzen im Oktober ein Moskauer Musical-Theater. Der russische Gaseinsatz tötet zahlreiche Geiseln.
2003: Tschetschenien stimmt über eine neue Verfassung ab. Achmed Kadyrow wird zum neuen Präsidenten gewählt.
2004: Achmed Kadyrow stirbt im Mai 2004 durch ein Attentat.

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