Armeehalbierung? Schön wärs!

Von Verwirrtaktiken und Scheinreduktionen. Eine kleine Orientierungshilfe im Zahlensalat zum Armeebestand im Rahmen der Weiterentwicklung der Armee (WEA).

Die NZZ titelte nach der Veröffentlichung der Botschaft des Bundesrates zur WEA: “Der Armeebestand wird halbiert” . “Die Armee (…) zu halbieren, ist absolut verfehlt”, hiess es in der Medienmitteilung der JSVP noch am selben Tag. „”Halbierung des Armeebestandes auf 100 000 Mann” beschrieb auch der Tages-Anzeiger am Tag darauf die Bestandsreduktion.

Eine Halbierung findet auch wirklich statt. Und zwar die einer fiktiven Zahl. Wer die Botschaft zur WEA liest, stellt fest: “Mit 100’000 wird der Sollbestand gegenüber der bisherigen Armee halbiert”.
Auch das stimmt nur bedingt: Zwar wird der gesetzliche maximale Sollbestand von 220’000 auf 100’000 Mann reduziert. Sofern man aber der Armeeauszählung 2014 glauben darf, beträgt der aktuelle Sollbestand der gesamten Armee 183’005  Angehörige der Armee (AdA). Im Vergleich zu den angestrebten 100’000 entspricht dies einer relativen Reduktion von 45 Prozent.

Nun handelt es sich beim Sollbestand jedoch einzig und allein um einen “Richtwert” – eine fiktive Grösse, die vom realen Wert, dem Effektivbestand, weit entfernt sein kann. Dies zeigt sich heute zum Beispiel bei der Formation Ausbildung und Support. Der Sollbestand beträgt 18’734 AdA . Effektiv sind es jedoch 30’720 AdA , was einer Alimentierung von 164 Prozent  entspricht.

Das Verteidigungsdepartement gibt sich diätwillig und behauptet, abspecken zu wollen. In Wahrheit kauft es sich jedoch ein neues Kleid, in dem es ein bisschen weniger dick aussieht. Die Kilos purzeln dabei kaum. Mit einer rhetorischen Finesse verschleiert Ueli Maurer den Fakt, dass die Reduktion nicht einmal 20 Prozent beträgt. Dazu zaubert er uns den magischen Faktor 1.4, mit dem der neue Effektivbestand errechnet werden soll, aus dem Ärmel. Der Effektivbestand muss laut VBS „erfahrungsgemäss knapp 40 Prozent über dem Sollbestand liegen, also bei knapp 140’000.” 

Heute beträgt dieser Faktor allerdings minus 3 Prozent . Wie das VBS also auf einen Erfahrungswert von 40% kommt, ist nicht ersichtlich.
Bei all diesen Zahlen lässt das VBS zudem die Anzahl der Rekrut_innen völlig ausser Acht. Wie wenn sie nicht versorgt und nicht  besoldet würden, und ihnen keine Tötungsmaschine mit nachhause gegeben würde. Sie haben sozusagen nichts mit der Armee zu tun.
Wenn wir  dennoch die ca. 20’000 Rekrut_innen in die Rechnung miteinbeziehen, genauso wie die Angehörigen der Stäbe Bundesrat (Bestand: 219) und des Bereich RKD (Bestand: 169), kommen wir nach der WEA auf einen effektiven Effektivbestand von 160’388 Personen.

Um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, rechnen wir besagte Personengruppen auch zum aktuellen Effektivbestand von 176’755 . So erhalten wir einen effektiven Effektivbestand von 197’143 Personen. Vergleichen wir nun diese beiden Effektivbestände, so erhalten wir eine mickrige Reduktion von gerade einmal 18,64 Prozent, was bei aller Liebe zu Mathematikfeindlichkeit einfach nicht als Halbierung gelten kann.
Die Scheinreduktion ist politisches Kalkül. Die Stahlhelmfraktion kann im Vorfeld wettern und sich in Empörung über die angebliche Halbierung üben, während sie sich klammheimlich darüber freut, dass das grosse Fressen weiter gehen wird. Halt in einem teuren neuen Kleid. Schliesslich wird das Budget für unsere unverbesserliche Diva im Rahmen der angeblichen Schlankheitskur erhöht. Armeekritische Kreise sehen in der Halbierung einen Schritt in die richtige Richtung. Doch lassen wir uns nicht täuschen! In Kombination mit der Kompetenzerweiterung im Inneren, dem überproportionierten Vierjahresbudget sowie dem absurden Mobilmachungskonzept ist die WEA alles andere als ein Schritt in die richtige Richtung.
Schade – ein paar Pfunde weniger würden dem VBS sicher gut stehen.

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